Wettbewerbsrechtliche Risiken bei KMU-Übernahmen – Wann wird eine „kleine” Transaktion für die Behörden sichtbar?

30.08.2025

Die Übernahme kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) fällt in der Regel nicht in den Blickwinkel der Wettbewerbsbehörden, insbesondere wenn der Wert der Transaktion die Meldeschwellen nicht überschreitet. Die letzten Jahre haben jedoch deutlich gemacht, dass auch scheinbar marginale Transaktionen das Interesse der Behörden wecken können, wenn sie unverhältnismäßige Auswirkungen auf die Marktstruktur haben können.

Die Rolle des Verweisungsmechanismus: Neugestaltung der Zuständigkeiten in der EU

Seit dem Fall Illumina-Grail im Jahr 2021 wendet die Europäische Kommission aktiv den Verweisungsmechanismus gemäß Artikel 22 AEUV an. Diese Regelung ermöglicht es den Mitgliedstaaten, die Kommission um die Prüfung von Zusammenschlüssen zu ersuchen, die für sich genommen nicht meldepflichtig wären. Im Fall Illumina-Grail untersuchte die Kommission die geplante Übernahme eines innovativen Start-ups im Bereich der Krebsdiagnostik (Grail) durch ein US-amerikanisches Biotechnologieunternehmen (Illumina). Obwohl die Transaktion die Anmeldeschwelle nicht erreichte, schritt die Kommission aufgrund des Innovationspotenzials und der Gefahr einer künftigen Wettbewerbsverzerrung ein.

Dieser Präzedenzfall spornt auch die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten zu aktiverem Handeln an. Die ungarische Wettbewerbsbehörde (GVH) hat mehrfach darauf hingewiesen, dass auch Transaktionen, die unterhalb der formalen Schwellenwerte liegen, untersucht werden können, wenn sie in bestimmten engen, stark konzentrierten Märkten Wettbewerbsprobleme aufwerfen könnten.


Wann wird eine KMU-Übernahme risikobehaftet?

Die Übernahme kleiner Unternehmen kann aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu beanstanden sein, wenn:

  • das betroffene Unternehmen eine beherrschende Stellung auf einem engen geografischen oder Produktmarkt innehat,

  • der Verkäufer als potenzieller Wettbewerber auf dem Markt hätte auftreten können,

  • durch die Übernahme eine erhebliche Marktkonzentration in einem Bereich entsteht, in dem das alternative Angebot oder die Eintrittsbarrieren hoch sind.

Die Wettbewerbsbehörden sind besonders aktiv in Sektoren, in denen aufgrund der Innovationsdynamik oder der raschen Konzentration des digitalen Marktes vorausschauende Maßnahmen gerechtfertigt sein können.


Besondere Aspekte auf der Käufer- und Verkäuferseite

Für die Käuferseite stellt die nachträgliche Intervention der Wettbewerbsbehörden das größte Risiko dar. Als Ergebnis einer Untersuchung kann die Transaktion untersagt, eine Änderung verlangt oder in extremen Fällen sogar eine nachträgliche Veräußerung vorgeschrieben werden. Aus diesem Grund ist es für den Käufer ratsam:

  • eine vorläufige wettbewerbsrechtliche Risikoanalyse durchzuführen, auch wenn der Schwellenwert für die Anmeldepflicht unterschritten wird,

  • rechtliche Sicherheiten in den Kaufvertrag aufzunehmen (z. B. Erfüllung vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung),

  • Transaktionsstrukturen in Betracht ziehen, die das Wettbewerbsrisiko verringern können (z. B. schrittweiser Erwerb von Anteilen, Optionen).

Auf den ersten Blick scheint die Verkäuferseite weniger betroffen zu sein, doch wenn die Transaktion auf wettbewerbsrechtliche Hindernisse stößt, kann die Erfüllung unmöglich werden, was finanzielle, strategische und Reputationsrisiken mit sich bringt. Aus Sicht des Verkäufers kann Folgendes wichtig sein:

  • Bewertung des marktstrategischen Umfelds der Transaktion,

  • vorab vereinbarte Ausstiegsmechanismen für den Fall, dass die Transaktion scheitert,

  • angemessene Rechtsberatung bereits in der Verhandlungsphase.


Unsichtbare Transaktionen? Immer seltener

In der letzten Zeit hat sich der Untersuchungsbereich der Wettbewerbsbehörden erheblich erweitert. Praktiken, die über die traditionelle Meldepraxis hinausgehen, insbesondere in den Bereichen Technologie, Gesundheitswesen und digitale Märkte, machen deutlich: Auch Transaktionen mit geringem Wert können erhebliche wettbewerbsrechtliche Risiken bergen.


Unterstützung durch die Anwaltskanzlei Dr. Vásárhelyi Árpád

Unsere Kanzlei unterstützt ihre Mandanten sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite bei Transaktionen, die zwar formal nicht meldepflichtig sind, aber dennoch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen einer Vorabprüfung bedürfen. Unsere Dienstleistungen:

  • vorläufige wettbewerbsrechtliche Prüfung und Risikoanalyse,

  • SPA-Planung unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten,

  • Koordination von behördlichen Abstimmungen und Anmeldungen,

  • rechtliche Vertretung im Falle einer nachträglichen Prüfung.